04.10.2022

Spindler baut Ideenschmiede und investiert in Start-ups

Die Spindler-Gruppe schafft Raum für Innovationen:

Die Spindler-Gruppe schafft Raum für Innovationen: In einem strukturierten Prozess sammelt und fördert der Händler Ideen der eigenen Mitarbeiter – wenn es sich anbietet bis zur Ausgründung. Außerdem beteiligen sich die Würzburger an externen Start-ups. Die ersten Projekte laufen bereits.

Ein offenes Ohr für Ideen der Mitarbeiter hatte die Geschäftsführung der Spindler-Gruppe immer. Einen strukturierten Prozess, also eine Art Auffangbecken für Innovationen, gab es bislang nicht. Künftig soll kein Impuls mehr verloren gehen. Die Unternehmensgruppe hat die „Spindler Zukunftsgarage“ ins Leben gerufen, die Ideen aus den eigenen Reihen sammeln, prüfen und umsetzen soll. Jeannine Krenn, die die vierte Generation der Inhaberfamilie der Autohandelsgruppe repräsentiert, schildert: „Unsere

Zukunftsgarage hat ein klares Ziel: gute Ideen und Ansätze frühestmöglich erkennen, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die Gelegenheit und die Werkzeuge geben, diese weiterzuentwickeln und – wo immer sinnvoll und rentabel – diese Ideen groß zu machen.“

In der Praxis sieht das Konzept folgendermaßen aus: Seit Ende letzten Jahres können Mitarbeiter ihre Ideen entweder digital oder analog anhand eines Fragebogens einreichen. Innerhalb von vier Wochen erhalten sie detailliertes Feedback dazu, ob diese weiterverfolgt wird oder nicht. Diese Entscheidung trifft ein eigens geschaffener Innovationsausschuss, der sich aus Mitarbeitern aller Bereiche und Leveln der Gruppe zusammensetzt.

Der Ausschuss bewertet die Vorschläge anhand einer Matrix aus zehn Eckpunkten. Man müsse eine Idee so früh wie möglich herausfordern, sagt Dr. Gesa Köberle, Geschäftsführerin der Unternehmensberatung „Tomorrows Business“, die Spindler seit 2021 als Beirätin zur Seite steht und die Zukunftsgarage mit initiiert hat. Das heißt: Es gilt zu prüfen, inwiefern ein Markt, Kunden und eine Zahlungsbereitschaft vorhanden sind.

Erhält die Idee grünes Licht vom Ausschuss, dann startet ein sogenannter „Google Design Sprint“. Der im Silicon Valley entwickelte Prozess ist darauf angelegt, sehr schnell einen Prototypen beziehungsweise ein Geschäftsmodell zu entwickeln. „Man tut so, als ob man schon ein fertiges Produkt hätte“, erklärt Köberle.

Das versucht man dann zu validieren: anhand einer Kundenanalyse, Kundenbefragungen und der Erstellung eines Business-Plans. Einen solchen Prozess für Ideen und Innovationen zu implementieren, ist an sich nichts Neues – viele große Unternehmen und Konzerne sammeln systematisch Ideen der Mitarbeiter. In der Kfz-Branche habe sich die Vorgehensweise bislang aber kaum durchgesetzt, betont Jeannine Krenn.

Mitarbeiter zum Coach ausgebildet

Die während der Arbeitszeit stattfindenden Sprints steuert und begleitet bei Spindler ein interner Coach – die Gruppe hat hierfür einen eigenen Mitarbeiter an der Technischen

Universität München (TUM) ausbilden lassen, der zuvor als Assistent der Geschäftsführung tätig war. Er stellt ein interdisziplinäres Team für den in der Regel acht- bis zehnwöchigen

Sprint zusammen. Im Anschluss präsentiert das Team die Idee vor der Geschäftsführung und dem Ausschuss und es wird direkt entschieden, ob sie umgesetzt, weiterentwickelt oder

verworfen wird. Aktuell befindet sich die Gruppe mitten in ihrem ersten Sprint, basierend auf einer Idee eines langjährigen Werkstattleiters.

Das Team, dem auch der Ideengeber angehört, arbeitet dabei eigenständig, ohne dass die Geschäftsleitung involviert ist. Für die Ausarbeitung der Idee steht ihm der neue „Innovationsraum“ in Würzburg zur Verfügung. Er bietet verschiedene Besprechungsmöglichkeiten auf Sofas, Sitzbällen oder an Stehtischen und ist mit Whiteboards und einer Pflanzenwand gestaltet.

Jeden Sprint unterstützt ein Sponsor aus der Spindler-Gruppe. Im aktuellen Fall bezuschusst der Geschäftsführer einer der Gesellschaften das Team mit mehreren Tausend Euro, die es beispielsweise für Messebesuche oder Kundeninterviews einsetzen kann.

Was die Themen anbelangt, ist die Gruppe offen. „Jede Idee ist willkommen, wir geben keine Grenzen vor“, erklärt Krenn. Wichtig ist, dass es sie vorher noch nicht gab und kein Patent darauf besteht. Bei Ideen, die das Geschäftsmodell der Gruppe erweitern, spricht Spindler von „Pionierideen“, bei solchen, die einen bestehenden Prozess weiterentwickeln oder optimieren von „Premiumideen“. Die Ideen können sich auf den internen Einsatz beziehen, aber wenn es sich anbietet auch in einer separaten Gesellschaft ausgegründet werden.

Beteiligung an Start-ups

Wenn es darum geht, Innovationen zu fördern blickt Spindler nicht nur nach innen, sondern unterstützt seit Kurzem auch externe Start-ups über Beteiligungen. Dafür hat der Händler die

Spindler Innovationsgesellschaft“ gegründet und ist einem Business Angel Network beigetreten, den „Start-up Angels Alb-Bodensee“, die sich vor allem aus mittelständischen

Unternehmen zusammensetzen – darunter einige Hidden Champions, sprich in der Öffentlichkeit wenig bekannte Unternehmen, die auf ihrem Gebiet jedoch Weltmarktführer sind.

Bei Business Angels handelt es sich um Investoren, die sich typischerweise in einer sehr frühen Phase an einem Start-up beteiligen und ihm mit Geld, aber auch mit Know-how und

Kontakten unter die Arme greifen. Dass sich Spindler einem Netzwerk angeschlossen hat, bringt mehrere Vorteile. „Gemeinsam kann man Start-ups in der Regel besser bewerten. Zu

den meisten Themen gibt es in dem Netzwerk echte Experten“, so Krenn. Zudem sind Netzwerke Magnete für Start-ups, die sich aktiv dort bewerben. Investiert wird dann entweder

gemeinsam oder einzeln. Das Geld von Spindler stammt dabei ausschließlich von der Inhaberfamilie und nicht aus den operativen Gesellschaften. Das Investitionsvolumen möchte

der Händler nicht beziffern, es handele sich aber um Risikokapital und somit um „keine Millionenbeträge“.

Das erste Start-up, an dem sich Spindler beteiligt hat, nennt sich Feelbelt und stammt aus Potsdam. Das junge Team hat einen Gürtel entwickelt, der Töne am Körper fühlbar machen

soll, beispielsweise für den Bereich Gaming. Aber auch im Auto könnte die Technologie zum Einsatz kommen, etwa um die Regeneration des Fahrers zu fördern oder ihn an den

Schulterblick zu erinnern. Grundsätzlich will Spindler prüfen, wie sich die Ideen der Start-ups für die Gruppe und ihre Mitarbeiter nutzen lassen.

Thematisch ist Spindler auch bei den Investitionen offen. Der Fokus liegt aber klar bei Startups, deren Produkte auf die Autobranche abzielen. Auch geografisch gibt es keine Grenzen –

allerdings ist ein enger Kontakt zu den Gründern Voraussetzung. „Man investiert einerseits in die Idee, aber primär in das Team“, berichtet Köberle. Und da müsse man „eine gemeinsame

Sprache“ sprechen.

Förderung in der Region

Besonders interessant sind für Spindler dennoch Start-ups aus der eigenen Region, sprich Unterfranken. „Für uns als Familie ist es wichtig, regionale Unternehmer zu fördern", unterstreicht Jeannine Krenn. Auf diese geht die Händlergruppe teils auch direkt zu und lässt sich das Pitchdeck, also eine Präsentation der Geschäftsidee, schicken.

Im kommenden Jahr möchte Spindler vor Ort in Würzburg außerdem ein Start-up-Forum veranstalten und dabei lokale Start-ups einladen, die dann in jeweils zehn Minuten ihre Geschäftsmodelle live vor Investoren aus dem Business-Angel-Netzwerk präsentieren können. Abends soll ein Get-Together Investoren und Gründer in lockerer Atmosphäre

zusammenbringen und Gelegenheit zum Kennenlernen bieten.

Währenddessen laufen intern die Sprints bei Spindler weiter. Erste Ergebnisse könnte es bald geben – spruchreif ist allerdings noch nichts. Nur so viel: „Vielleicht wird der eine oder andere Händler direkt Kunde unseres neuen Angebots“, so Krenn.